Veranstaltung: | Mitgliederversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 5. Sonstiges |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 10.09.2022, 02:03 |
Antragshistorie: | Version 1 |
A2NEU: Gemeinsamer Änderungsantrag zum Leitantrag des Bundesvorstandes „ Wertegeleitet, multilateral, handlungsfähig: grüne Friedens- und Sicherheitspolitik in der Zeitenwende“
Antragstext
Der KV Dresden wird aufgefordert durch Beschluss der heutigen MV einen
gemeinsamen Änderungsantrag zum Leitantrag des Bundesvorstandes "Wertegeleitet,
multilateral, handlungsfähig: grüne Friedens- und Sicherheitspolitik in der
Zeitenwende" der auf der BDK zur Abstimmung gelangen soll zu stellen und unsere
gewählten BDK Delegierten zu beauftragen diesen dort als Änderungsantrag zur
Diskussion zu bringen.
Der Änderungsantag soll den bisherigen Text des Bundesvorstandes wie folgt
ergänzen:
Bisher Zeile 388-390
"Unter dieser Maßgabe bedeutet das Selbstverteidigungsrecht nach Art. 51 der UN-
Charta für
uns als Friedenspartei, dass Staaten, die bedroht oder angegriffen werden, auch
mit der
Lieferung von Waffen unterstützt werden können."
Neu, zu beantragen:
"Unter dieser Maßgabe bedeutet das Selbstverteidigungsrecht nach Art. 51 der UN-
Charta für
uns als Friedenspartei, dass Staaten, die bedroht oder angegriffen werden, nach
intensiver Risikostratifikation mit Mandat des deutschen Bundestages als Ultima
Ratio nach Auschöpfung aller diplomatischen Bemühungen unter Beachtung der
international anerkannten Menschenrechte insbesondere auch auf Leben und
körperliche Unversehrtheit auch mit der
Lieferung von Waffen unterstützt werden können."
Begründung
Der Ukrainekrieg stellt uns vor neue innerparteiliche Fragen, insbesondere hinsichtlich der friedenspolitischen Ausrichtung des Grundsatzprogramms von B90/Grüne. Im bisher beschlossenem Grundsatzprogramm ist nicht umsonst folgender Abschnitt beschlossen:
"(390) Exporte von Waffen und Rüstungsgütern an Diktatoren, menschenrechtsverachten de Regime und in Kriegsgebiete verbieten sich. "
Mit dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine am 24.2.2022 sind wir als friedenspolitisch motivierte Partei in ein Dilemma geraten. Können wir an unserem Grundsatzprogramm weiter festhalten oder müssen wir unsere Haltung revidieren oder differenzieren ? Der Deutsche Bundestag hat mit überwältigender Mehrheit für Waffenlieferungen, auch schwere, im Fall des Ukrainekrieges gestimmt. Müssen wir deshalb trotzdem unsere bisherige Überzeugung verwerfen und Waffenlieferungen in Kriegsgebiete ermöglichen ? Der Bundesvorstand hat einen Leitantrag verfasst, der eine Änderung dieses Grundsatzes - keine Waffenlieferungen in Kriegsgebiete - impliziert und ermöglicht. Aus basisdemokratischer Sicht ergibt sich für uns als Partei aus dieser Situation nicht zwingend eine Änderung des Grundsatzprogramms: die Trennung von Amt und Mandat und die Unabhängigkeit unserer gewählten Parlamentarier*innen ermöglicht aus Perspektive der Partei auch ein Festhalten am bisherigen Grundsatzprogramm. Der Vorschlag des Bundesvorstandes ist ein zu diskutierender "Game changer" für die bisherige friedenspolitische Ausrichtung von B90/Grüne, unabhängig des aktuellen Krieges - er schlägt eine deutliche Abkehr von bisher gültigen Grundsätzen grüner Friedens- und Sicherheitspolitik vor. Einerseits dürfen wir unsere über viele Jahre erarbeiteten Leitmaxime nicht leichtfertig über Bord werfen, andererseits müssen wir feststellen, dass es Situationen in Konflikten gibt, die Waffenlieferungen ermöglichen müssen um die Vernichtung von Staaten zu unterbinden, wie hier im Fall der Ukraine.
Angesichts dieses Dilemmas ist der Leitantrag des Bundesvorstandes in dem entsprechenden Abschnitt zu pauschal gehalten: wenn wir Waffenlieferungen in Kriegsgebiete in Erwägung ziehen wollen müssen die Hürden dafür sehr hoch sein. Der Leitantrag sollte daher mindestens erweitert werden um Risikostratifizierung, Ultima Ratio und Auschöpfungen aller diplomatischen Bemühungen. Erst dann sollten Waffenlieferungen in Kriegsgebiete mit dem Mandat des deutschen Bundestages unter grüner Zustimmung verabschiedet werden können. Es muss klar sein, dass nur Diplomatie Konflikte lösen kann und Waffenlieferungen nur ein Mittel zur Erreichung diplomatischer Lösungen darstellen.
In allen Entscheidungen zu Waffenlieferungen dürfen wir nicht vergessen: zu den anerkannten Menschenrechten gehört auch das Recht auf Leben und das Recht auf körperliche Unversehrtheit.
Zum Begriff Risikostratifitierung:
1 Definition
Die Stratifikation bzw. Risikostratifikation ist ein statistischer Prozess, der in der Medizin eingesetzt wird. Er dient dazu, Bedingungen zu identifizieren, die eine Erkrankung negativ beeinflussen. Nach der Identifikation kann man die Bedingungen systematisch in "Schichten" ordnen und Strategien entwickeln, um ihre Auswirkungen zu verringern.
2 Nomenklatur
Der Begriff wird in der medizinischen Literatur oft synonym mit dem Terminus Risikoklassifikationbenutzt.
3 Hintergrund
Die Grundlagen einer Risikostratifizierung werden in der Regel durch die statistische Auswertung epidemiologischer Daten ermittelt, die z.B. die Zusammenhänge zwischen bestimmten Risikofaktoren(Vorerkrankungen, Komorbidität usw.) und Krankheitsverläufen untersuchen. Die Stratifizierung dient dann dazu, Patienten aufgrund dieser Risikofaktoren dem für sie geeigneten Interventionsschemazuzuordnen. Ein Beispiel für einen Parameter, den man zur klinischen Risikostratifikation nutzt, ist der Agatston-Score.
Änderungsanträge
- Ä1 (Thomas Pfeiffer (BV Bundesverband), Eingereicht)
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